Reich durch Wetten statt Sparen – Geht das?

Wetten oder Sparen? Was führt schneller zur Rente

Lesezeit: 8 Minuten –

Wetten statt Sparen: Man erreicht sein finanzielles Ziel schneller, wenn man seine jährliche Sparsumme (ver-)wettet statt sie zu aufzusparen. Einfach weil es einen Vorzieheffekt gäbe. So oder so ähnlich hat es mir mal jemand erzählt, der regelmäßig Sportwetten tätigt. Die Idee ist wohl, dass man bereits ab dem ersten Jahr die Chance hat seine Zielsumme zu erreichen. Diese Chance steigt mit jedem weiteren Jahr. Während man bei Sparen erst nach üblicherweise 2-4 Jahrzehnten diese Summe erreichen kann (aber diese dann auch sicher erreicht).

Auf den ersten Blick hört es sich ziemlich riskant an. Vielleicht sogar nach einer generell dummen Idee. Aber lasst uns einen zweiten Blick darauf werfen. Im Grunde muss man zwei Strategien miteinander vergleichen und beurteilen, welche für einen besser geeignet erscheint.

  • Sparstrategie: Es wird jedes Jahr der Betrag x zurückgelegt bis die Summe y erreicht ist.
  • Wettstrategie: Es wird jedes Jahr der Betrag x gewettet bis die Summe y erreicht ist.

Die Summe y ist der Geldbetrag, an dem wir aufhören können zu arbeiten und von Zinsen von sicheren Geldanlagen leben können.

Um die Strategien zu vergleichen müssen wir ein paar Annahmen zum Wetten treffen. Diese sollten halbwegs realistisch sein. Außerdem sollten sie einfach zu berechnen und zu verstehen sein, damit uns keine Fehler unterlaufen. (was in der Statistik und Wahrscheinlichkeitsberechnung leicht passiert)

Rahmenbedingungen für einen Vergleich

Nehmen wir folgende Rahmenbedingungen an:

  • 1. Annahme: Die Zielsumme sind 500.000 Euro, bei der wir ausgesorgt hätten. Wenn wir die Zielsumme erreicht haben, können wir aufhören zu sparen und zu wetten und leben von den Zinsen.
  • 2. Annahme: Zum Wetten gehen wir ins Casino und spielen dort einzelne Zahlen am Roulette. Hier lassen sich die Wettchancen einfach berechnen – im Gegensatz zu Sportwetten oder ähnlichem. Wenn wir auf eine Zahl setzen, können wir unser Kapital ver-35-fachen. Um die Berechnung weiter zu vereinfachen nehmen wir an, dass es keine “0” gibt. D.h. es ist ein faires Spiel. Diese theoretische Wette hat hiermit einen kleinen Vorteil gegenüber einer realen – einfach um sie leichter zu berechnen und zu verstehen. Damit ist die Chance eine einzelne Wette zu gewinnen bei: 1/35 = 2.86%. Umgekehrt verlieren wir mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine einzelne Wette mit 97.14%.
  • 3. Annahme: Wir können jedes Jahr soviel zurücklegen, dass ein einzelner Gewinn zur Zielsumme führen wird: 500.000 Euro / 35 = 14.285 Euro. Im Monat wären dies 1.190 Euro und für viele Sparer sicher eine realistischer Wert.

Wetten statt Sparen: Die Sparstrategie

Bei der Sparstrategie lässt es sich leicht berechnen, wann wir unsere Zielsumme von 500.000 Euro erreicht hätten. Wir legen jeden Monat unsere 1.190 Euro zurück und sind nach 35 Jahren am Ziel. In der Zwischenzeit erhöhen sich die Ersparnisse kontinuierlich.

Wetten statt Sparen: Die Wettstrategie

Wetten oder Sparen für den Vermögensaufbau
Las Vegas

Bei der Wettstrategie ist es etwas komplizierter. Die Ersparnisse sind meist nahe “0” und irgendwann erhöhen sie sich schlagartig auf 500.000 Euro. Wann das sein wird, wissen wir nicht. Aber wir können die Wahrscheinlichkeiten untersuhen (und mit Erwartungswerten arbeiten):

Dass wir nach dem ersten Jahr die Zielsumme erreicht haben, hat eine Wahrscheinlichkeit von 2.86%.
Dass wir nach dem zweiten Jahr die Zielsumme erreicht haben, hat eine Wahrscheinlichkeit von 5.63%.
Und dass wir nach dem dritten Jahr die Zielsumme erreicht haben, hat eine Wahrscheinlichkeit von 8.33%.

Die Formel um diese Wahrscheinlicheit zu berechnen lautet:

Gewinnwahrscheinlichkeit = 100% – (100%-2.86%)Jahr

Achtung: Diese Gewinnwahrscheinlichkeit ist wie folgt zu interpretieren: Nach drei Jahren wirst Du mit einer 8.33%-igen Wahrscheinlichkeit 500.000 Euro besitzen. Wenn Du aber die ersten zwei Jahre bereits verloren hast, erhöht sich Deine Gewinnchance im dritten Jahr NICHT – sondern sie bleibt nach wie vor bei 2.86%. Das ist auch so zu verstehen:

In einem Drei-Jahreszeitraum ist die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen 8.33%.
In einem Ein-Jahreszeitraum allerdings nur 2.86%.

Da wir jedes Jahr wetten, haben wir bei jeder einzelnen Wette eine Gewinnchance von 2.86%. Betrachtet man mehrere Jahre und damit akkumulierte Wetten, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen, weil man ja mehrere Wetten tätigt.

Der Vergleich

Rechnet man die Wahrscheinlichkeiten in einen Betrag um, bekommt man den Erwartungswert. Dieser steigt kontinuierlich. Und er kann relativ leicht mit der Sparsumme aus der Sparstrategie verglichen werden.

Wetten statt Sparen: Vergleich der Sparsummen und Erwartungswert der beiden Investment-Strategien

Im graphischen Vergleich sieht man, dass der Erwartungswert der “Wettsumme” immer unterhalb der Sparsumme bleibt. Die Sparsumme steigt jedes Jahr um den Betrag 14.285 Euro. Der Erwartungswert der “Wettsumme” steigt hingegen jedes Jahr um einen geringeren Betrag. Das Sparen ist also dem Wetten überlegen!?

Statt die Sparsumme und den Erwartungswert der Sparsumme zu vergleichen, könnte man auch die Wahrscheinlichkeiten selbst vergleichen.

Der Wahrscheinlichkeits-Vergleich

Die Sparsumme hat 35 Jahre lang die Wahrscheinlichkeit von 0%, dass die Sparsumme erreicht ist. Die 500.000 Euro sind ja ganz sicher noch nicht erreicht. Nach 35 Jahren wechselt sie aber direkt auf die Wahrscheinlichkeit von 100%. 500.000 Euro ist ja dann angespart.

Die “Wettsumme” startet hingegen im ersten Jahr mit der Wahrscheinlichkeit von 2.86%, dass die Summe von 500.000 Euro erreicht wird. Die Wahrscheinlichkeit steigert sich über die Jahre. Aber ist sie nach 35 Jahren ebenfalls 100%? Oder zumindest nahe dran?

Wetten statt Sparen: Vergleich der Wahrscheinlichkeiten der beiden Investment-Strategien

Aus dem graphischen Vergleich ergeben sich folgende Erkenntnisse:

  • Rein von der Wahrscheinlichkeit her ist die Wettstrategie 35 Jahre lang überlegen und danach unterlegen.
  • Die 50%-Schwelle wird bereits nach 24 Jahren überschritten. D.h. nach 25 Jahren kannst Du “wahrscheinlich” in Rente gehen, aber das ist bei Weitem nicht sicher. Nur bei ungefähr jedem Zweiten, der wettet, würde diese Rechnung aufgehen.
  • Nach 35 Jahren beträgt die Wahrscheinlichkeit nur 63.7%. D.h. es gibt ein sehr hohes Risiko, dass Du innerhalb der 35 Jahre die Zielsumme von 500.000 Euro nicht erreichen wirst. Beim Sparen hättest Du sie dagegen sicher. Bei ungefähr zwei von Dreien würde die Wettstrategie nach 35 zumindest gleich gut laufen wie die Sparstrategie. Das restliche Drittel hat aber immer noch “0 Euro”!

Reich durch Wetten statt Sparen?

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es einen Vorzieh-Effekt durch Wetten gibt. Dieser ist allerdings nur statistisch und fast jeder, der auf die Wettstrategie setzt, wird ins Schwitzen kommen. Denn wir haben ja im Hinterkopf: Wenn man nach 30 Jahren immer noch nicht gewonnen hat, spielt man trotzdem weiterhin jedes Jahr mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von nur 2.86%. Da kann man sich “die Kugel geben”. Bzw. muss man sich die Roulette-Kugel geben, da es zu spät ist, auf die Sparstrategie zu wechseln. Die Wetten sind dann die einzige Chance noch aufzuholen. Von der Sparstrategie kann man hingegen jederzeit zur Wettstrategie wechseln.

Gedankenspiel: Ideal wäre ein Casino, dass man verklagen könnte. Man wettet bis zu 35 Jahre lang und wenn man in dieser Zeit gewinnt, setzt man sich vorzeitig zur Rente. Gewinnt man allerdings nie, verklagt man nach 35 Jahren das Casino. Vielleicht mit der Begrüundung, dass es einen “in die Spielsucht” getrieben habe und man fordert sein verspieltes Geld zurück. Das sind in der Zwischenzeit ja auch 500.000 Eurot. So könnte man im Glücksfall vom Vorzieheffekt profitieren und trotzdem die Sicherheit der Sparstrategie genießen.

Abgesehen von solchen unrealistischen Gedankenspielen: Generell haben wir nicht betrachtet, dass die Sparstrategie außerdem weitere Vorteile bietet. Allem voran, dass man durch Geldanlagen Renditen (z.B. mit Aktien) erwirtschaften kann. Man kann von einem Zinseszins profitieren und damit vielleicht auch nach 20 Jahren statt den 35 Jahren in Rente gehen. Die Geldanlagen sind zwar auch mit Risiken behaftet, aber der Totalausfall dürfte deutlich seltener vorkommen als bei der Wettstrategie.

Findest Du solche Überlegungen interessant? Schreib doch gerne in den Kommentaren, was Du von solchen Beiträgen hältst.

Frohes Investieren!
Sebastian McGeld

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