Lesedauer: 12 Minuten (bzw. 6 Minuten, wenn Du Dir die Kennziffern noch nicht im Detail ansiehst)
Heute will ich so kurz und knackig wie möglich beschreiben wie Du herausfindest, ob sich eine Eigentumswohnung als Rendite- und Cashflow-Objekt lohnt. Dabei zeige ich Dir, welche Gratis-Tools Du nutzen kannst. Dabei gibt es 4 wesentliche Punkte, die Du auf dem Schirm haben solltest :
- Makroanalyse
- Möglicher Gewinn und Rendite
- Vergleich mit ähnlichen Immobilien
- Zustand und Mikroanalyse
Makroanalyse
Unter dem Begriff “Makroanalyse” versteht man die Bewertung einer ganzen Stadt oder Region. Folgende Kriterien sind dabei besonders wichtig:
- Größe einer Stadt in Einwohner: Je größer, desto besser. Quelle: Wikipedia
- Geschätztes Bevolkerungswachstum: Je stärker, desto besser. Quelle: Wegweiser Kommune
- Arbeitslosen-Quote: Je geringer, desto besser. Quelle: Statistik der Arbeitsagentur
- Sonderfaktoren: Uni-Städte oder Städte mit Großkonzernen sind gut geeignet für möblierte Mikro-Apartments. Touristische Regionen sind geeignet für Ferienwohnungen. Städte mit Großindustrie sind geeignet für Monteurs/- Arbeiter-Wohnungen.

Gewinn und Rendite
Dies ist das längste Kapitel, aber nur damit ich die Formeln sauber erklären kann. Wenn Du sie einmal verinnerlicht hast, hast Du einen Vorsprung gegenüber 80% aller Konkurrenten.
Den ersten Faktor, den Du bei einer neu gefundenen Wohnung berechnen solltest, ist die (Bruttokalt)-Rendite:
Bruttokalt-Rendite: Die einfachste Kennziffer
Bruttokalt-Rendite = geschätzter Mietpreis * 12 / Kaufpreis
Den Mietpreis kannst Du mit Hilfe des Homeday-Preisatlases schätzen. Dort sind die Mietpreise meiner Meinung nach häufig etwas veraltet und damit meist etwas zu niedrig angesetzt. D.h. Du kannst 5-10% aufschlagen. Bei einer kleinen Wohnung kannst Du nochmals 5-15% aufschlagen und bei einer möblierten Wohnung nochmals 10%.
Zusätzlich empfiehlt sich der immowelt-Mietpreisrechner als zweite Quelle. Vorteil: Dieser berücksichtigt die Größe und Zustand der Wohnung.
Wenn eine Wohnung eine Nettokalt-Rendite von weniger als 5% hat, solltest Du sie nicht erwerben. Damit fallen viele Immobilien aus den besten Lagen heraus. Hier solltest Du immer einen Kompromiss finden zwischen Lage (Makro- und Mikroanalyse) und der Rendite.
Netto-Rendite: Die Verfeinerung der Rendite-Kennziffer
Die Renditeschätzungen kannst Du weiter verfeinern bis hin zur Netto-Rendite.
Netto-Rendite = Nettoeinnahmen / Gesamtkaufkosten
Diese lässt sich bereits aus Online-Inseraten mit folgenden Werten schätzen. Ersetze in der Formel die Nettoeinnahmen und Gesamtkaufkosten mit folgenden Werten:
Nettoeinnahmen = (Mietpreis – Kreditzinsen) x 0.58 – 0.25 x Nebenkosten – Anzahl der Quadrameter
Die Nettoeinnahmen basieren auf Schätzungen:
Zur Erklärung der einzelnen Posten:
- Kreditzinsen: Hier solltest Du vor der Immobiliensuche prüfen, welche Zinsen Du momentan ungefähr zahlen müsstest (Vorschlag für die Kredit-Parameter: Tilgung von 2%, Zinsbindung von 10 Jahren, 90% Finanzierung). Dies geht z.B. bei Check24. Dazu musst einmal (virtuelle) Immo-Daten und Deine realen persönlichen Daten eingeben und bekommst dann mehrere Angebote von Banken.
- 0.58: Einnahmen, die nach der Steuer übrigbleiben. Wenn Du weniger als 42% Grenzsteuer zahlst (oder mehr), musst Du diesen Faktor für Dich anpassen.
- 0.25 x Nebenkosten: Ganz grobe Daumenregel für den nicht umlegbaren Nebenkostenanteil. Wenn Du vom Verkäufer/Makler genauere Informationen bekommst, solltest Du natürlich diese verwenden.
- Anzahl der Quadrameter: Man rechnet mit 1 Euro / qm / Monat, die man für etwaige Renovierungen ansparen sollte. Das kann bei der Netto-Rendite gleich berücksichtigt werden. Bei einer sehr neuen Wohnung reichen ggf. auch 50 Cent / qm / Monat aus.
Auch die Gesamtkaufkosten müssen geschätzt werden:
Gesamtkaufkosten = Kaufpreis – Instandhaltungsrücklagen + Notarkosten + Grunderwerbssteuer + Maklerkosten + geschätzte Renovierungskosten
Zur Erklärung der einzelnen Posten:
- Instandhaltungsrücklagen: Die Rücklagen sind meist im Inserat nicht angegeben. Gehe in diesem Fall von einer “0” aus.
- Notarkosten: Diese betragen rund 2% vom Kaufpreis
- Grunderwerbssteuer: Bundesland-abhängig, siehe Liste beim Haufe-Verlag
- Maklerkosten: Je nach Stadt/Region unterschiedlich. Diese werden ab 2021 zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt. Idealerweise findest Du eine Wohnung ohne Makler (die Kosten sind nicht nur überflüssig, sondern gehen vor allem von Deinem Eigenkapital weg)
- Renovierungskosten: Diese kannst Du mit Hilfe des Preisradards von MyHammer schätzen. Wenn sie mehr als 5-10% des Kaufpreises überschreiten, solltest Du die Wohnung aus steuerlichen Gründen nicht kaufen (wegen der 15%-Grenze bezogen auf den Gebäudeanteil).
Wenn die Renditeschätzung gut ausfällt, dann lass Dir vom Verkäufer und Makler genauere Daten geben (nicht umlegbare Nebenkosten, Instandhaltungsrücklagen, etwaige Kostenvoranschläge für Renovierungskosten). Damit kannst Du die Renditeschätzung immer weiter verfeinern.
Der Cashflow: Wichtig für den Privatier!
Mich interessiert neben der Rendite auch noch der Cashflow, der sich aus den Nettoeinnahmen berechnen lässt:
Cashflow = Nettoeinnahmen – Tilgung
Der monatliche Cashflow muss positiv sein und sollte idealerweise mindestens 1 Promille der Kaufkosten betragen. Hier sieht man, dass vor allem die Tilgung den Cashflow beeinflusst. Daher sollte eine Tilgung von 2% gewählt werden (weniger akzeptieren die Banken nicht) – ein gewisser Eigenkapital-Einsatz reduziert die Tilgung auch, allerdings nur unterproportional wenig.
Was ist nun wichtiger – die Rendite oder der Cashflow? Beide Werte hängen natürlich zusammen, aber durch unterschiedliche Kreditparametern (Tilgung, Zinsbindung, Eigenkapital-Anteil) lässt sich die Rendite oder der Cashflow auf Kosten der anderen Kennziffer optimieren. Hier gilt auch wieder eine Daumenregel: Wenn Du Dein Portfolio schnell wachsen lassen willst, ist die Rendite wichtig. Aber wenn Du frühzeitig ein neues Neben- oder Haupteinkommen aufbauen willst, ist der Cashflow wichtiger (Einschränkung: Dabei solltest Du aber darauf achten, dass Dir das Geld nicht durch zuviel Eigenkapitaleinsatz ausgeht).
Die Berechnungen kannst Du auch ganz einfach mit dem kostenlosen McGeld-Immo-Kalkulator durchführen: https://www.mcgeld.de/gratis-download-immo-kalkulator-privatier-kalkulator/
Vergleich mit ähnlichen Immobilien
Auch hier bietet sich der Homeday-Preisatlas an, wobei Du wieder 5-10% wegen veralteter Daten aufschlagen kannst. Weitere freie Datenquellen sind der ziemlich grobe Capital-Immobilien-Compass und das neue Immo-Tech-Unternehmen Scoperty.
Besonders gut, genau und informativ finde ich aber den Check24-Preisschätzer, für den Du die Daten der Immobilie eingeben musst statt auf einer Karte nachzusehen. Das dauert zwar etwas länger, aber dafür werden die Größe und Zustand der Immobilie berücksichtigt.
Du wirst die große Varianz der Preisschätzungen merken. Schließe daher Werte aus, die Dir unplausibel erscheinen und bilde den Mittelwert oder Median. Dabei solltest Du auch bedenken, dass eine vermietete Wohnung rund 10-20% weniger Wert ist als eine unvermietete (außer die bestehende Mietrendite ist sehr hoch).
Dein Ziel sollte es sein, min. 10% unter dem Marktpreis zu kaufen. Auf Online-Portalen finden sich auch Inserate mit 15-20% unter dem Marktpreis, die aber mit Gratis-Tools kaum aufgespürt werden können. Günstigere Wohnungen gibt es nur, wenn sie kern-saniert werden müssen (das solltest Du aber aus steuerlichen Gründen vermeiden).
Zustand und Mikrolage
Schaue Dir den Zustand bereits auf den Photos genau an. Wenn Du eine weite Anreise hast, kann Dir der Verkäufer/Makler ggf. weitere Bilder schicken. Kritisch sind vor allem:
- Fenster (Keine Einfachverglasung, evtl. auf Qualität von Holzrahmen achten)
- Heizung (sie sollte – aktuell – nicht mit Strom heizen)
- Elektrik (sie sollte dreiadrig sein)
- Wasser
Frage hierzu den Verkäufer/Makler nach der Qualität.
Unkritisch ist hingegen, wenn der Boden oder die Wände “ranzig” aussehen. Das lässt sich in Kaufsverhandlungen sogar gut einsetzen um den Preis zu drücken. Die Renovierung hingegen ist hier besonders einfach und kann von Dir selbst durchgeführt werden. Insbesondere Raucher-Wohnungen sind häufig billig zu erstehen – diese bekommst Du aber leicht mit einem Ozon-Gerät geruchsfrei und mit Nikotinfarbe (bzw. Schnellrenovierfarbe) auch wieder weiß. Das ist den Verkäufern häufig nur nicht bekannt bzw. sie wollen die Wohnung ohne “Stress” loswerden.
Die Mikrolage: Manchmal am schwierigsten einzuschätzen
Ob eine Mikrolage gut oder schlecht ist, hängt von der Zielgruppe ab. Wenn auf den ersten Blick die Mikrolage schlecht ist (z.B. keine Kindergärten/Schulen in der Nähe), kann sie für andere Zielgruppen dennoch interessant sein (z.B. Studenten in einer WG). Aber wenn Dir keine realistische Zielgruppe einfällt, für die die Makro- UND Mikrolage in Frage kommt, dann solltest Du selbst eine vermeintlich billige Wohnung nicht kaufen (z.B. das einzige Fenster zeigt in Richtung Friedhof – aber selbst dann wäre sie als Monteurswohnung evtl. noch geeignet oder könnte mit einem schönen Plisse ausgestattet werden).
Über die Mikrolage findest Du wieder mit dem Check24-Preisschätzer viele wertvolle Informationen, aber auch mit Google Maps, erhältst Du einen ersten Eindruck. Switche Dich durch mehrere Ansicht durch: Maps, Satellit und Streetview. Wie sieht das Gebäude selbst aus? Wie sehen die benachbarten Gebäude aus? Und wie ist der Zustand der Straße und welche Autos stehen am Straßenrand? Erst wenn Du das gecheckt hast, lohnt sich eine Besichtigung – um bei dieser vor Ort dann auch die Nachbarschaft unter die Lupe zu nehmen.
Der Post hat rund 1300 Worte, aber dennoch dürfte damit alles Wesentliche gesagt sein. Oder fehlt Dir noch etwas? Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen.
Frohes Investieren!
Sebastian
PS: Wenn Du auch die Rendite und den Cashflow einer regulären oder AirBnB-Wohnung berechnen willst, dann nutze doch den kostenlosen McGeld-Immo-Kalkulator unter: https://www.mcgeld.de/gratis-download-immo-kalkulator-privatier-kalkulator/
Willst Du zusehen, wie ich eine AirBnB-Immobilie finanziere? Dann lies meine Serie dazu – hier fängt es an: