12 Punkte gegen die Börsen-Angst

Börsen Angst Panik Nicht Verkaufen Crash Korrektur Dip Ratschlag

Lesezeit: 10 Minuten –

“Meine Aktien gehen steil nach unten – was soll ich tun??” – fragst Du Dich das gerade?
Dann fragst Du Dich sicherlich auch: “Soll ich verkaufen? Oder nachkaufen? Oder einfach abwarten?” Die Profis wissen scheinbar immer was zu tun ist – auch wenn sie ständig den anderen Experten oder gar sich selbst widersprechen. Nur wir “Amateure” müssen offensichlich immer wieder leiden und wissen nicht, wie wir agieren sollen.

Ich kann Dir zwar nicht sagen, ob Du Deine Aktien verkaufen sollst oder nicht, aber ich kann Dir sagen, wie Du eine rationale Entscheidung finden kannst. Hierfür habe ich die besten 12 Ratschläge in einem Post gesammelt:

1. Vergangene Rückgänge studieren

Sehe Dir vergangene Rückschläge der betroffenen Aktien oder ETFs an. Wahrscheinlich haben sie schon größere Rückgänge erlebt und sie immer wieder aufgeholt. Stell’ Dir vor, wie groß damals die Panik und Verunsicherung gewesen sein muss. Haben diejenigen Gewinn gemacht, die damals im Rückgang gekauft oder verkauft haben? (Denk’ aber ja nicht, jemand hätte auf dem Top vor dem Crash verkauft und im Tiefpunkt nachgekauft). Wenn eine Aktie schon vor dem Crash schlecht performt hat, könnte sie vielleicht tatsächlich verkauft werden – aber hier solltest Du die Fundamental-Daten nochmals prüfen.

2. Nicht jeden Tag das Depot checken

Ich weiß, ich weiß. Den Ratschlag kennst Du schon. Aber gewöhne Dir bereits in den (nächsten) guten Zeiten an, Dein Depot nur so häufig zu checken wie Du auch investieren, umschichten oder traden willst. Finde jetzt kurzfristig Alternativen: Netflix, mit der Familie etwas unternehmen, im Wald spazieren gehen oder einfach neue Aktienstrategien ausarbeiten. Noch besser ist es, eine lange vor-sich-hergeschobene Aufgabe anzugehen – dann hast Du danach ein Erfolgserlebnis und siehst mit einem neuen Blickwinkel und einem anderen “mentalen State” auf das Problem.


Viele Aktien/Hedge-Fonds-Manger meditieren übrigens regelmäßig. Das hat nicht unbedingt etwas mit Esoterik oder Spiritiualität zu tun, sondern hilft in schwierigen Situationen Ruhe und einen kühlen Kopf zu bewahren. Wenn Du zu irrationalem Handeln an der Börse neigst, solltest Du Dich damit beschäftigen – bei der VHS kostet es kaum etwas (und wenn Dir Meditieren zu “unmännlich” ist, kannst Du es ja mit Kampfsport kombinieren 🙂 zumindest bei den fernöstlichen Kampfsportkünsten ist die Meditation ja auch angesagt )

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3. Breite Portfolios gehen nicht auf 0

Wenn Du Deine Hausaufgaben auch nur zu 30% gemacht hast, hast Du eine gewisse Diversifikation. Index-ETFs gehen grundsätzlich nicht auf “0”, auch wenn Dir das jetzt so vorkommen mag. Ebenso wenig ein Portfolio aus genügend Einzelaktien.


Falls Du erst jetzt erkennst, dass Du ein Klumpenrisiko hast (z.B. 5 Growth-Aktien und sonst nichts), solltest Du bereits im Crash umschichten: Verkaufe ein Teil der “Klumpen-Aktien” und streu sie über mehr und unterschiedliche Aktien und ETFs. Warte damit nicht auf den Aufwärtstrend, denn diesen wirst Du garantiert verpassen, sondern verkaufe und kaufe nach Möglichkeit “gleichzeitig”. Diese Neuausrichtung optimiert nicht unbedingt Deine Rendite, aber reduziert Dein Portfolio-Risiko und lässt Dich wieder ruhiger schlafen.


Viele Anleger sind ja nicht nur an der Börse aktiv, sondern halten auch noch Immobilien und Edelmetalle: Auch diese zählen zum Gesamtportfolio – und auch solche Portfolios gehen nicht zu Grunde, sondern schwanken einfach. Es ist ihre Natur. Ganz normal 🙂


Neben dem Diversifikationseffekt gibt es noch einen weiteren Grund, warum halbwegs breite Aktienportfolios nicht auf “0 Euro” gehen: Hinter all den Aktien stecken zig Unternehmen mit zig-tausenden Angestellen, Experten und hoch-qualifizierten Managern. Und sie alle arbeiten jeden Tag daran, Gewinne nicht nur zu erwirtschaften, sondern sie fortlaufend auszubauen. Solange das so ist, sind diese Unternehmen immer etwas wert und werden ihre Aktien langfristig immer etwas steigen. Nur eben nicht gerade ebeb.

4. Diversifikation, die zweite

Hier ein sehr einfacher Tipp: Wenn Du wegen einer einzelnen Position nicht schlafen kannst, dann ist sie zu groß. Verkaufe Teile der Position, selbst wenn Du im Verlust, bis Du es wieder kannst. Aber verkaufe sie nicht ganz, damit Du Dir selbst bei der Erholung keine zu großen Vorwürfe machst.

5. Portfolio-Absicherung

Profi-Tipp: Suche nach negativ korrelierten Assets zu Deinen Aktien. Traditionellerweise werden (US-)Staatsanleihen dafür genutzt. Sie sind wegen der Niedrigzinsen außer Mode geraten, aber ihre Kurse korrelieren immer noch negativ mit den Aktienmärkten. Und das Tolle ist: Die Staatsanleihen steigen langfristig im Kurs und tendieren dennoch bei einem Börsenboom nur zu kurzfristigen Korrekturen.

Warum also legst Du Dir nicht langlaufenden US-Staatsanleihen (10 oder 20 Jahre) als ETFs mit ins Portfolio? Es gibt sie auch in gehebelten Varianten, so dass Du für einen guten Schutz keine 30-50% Deines Portfolios investieren musst, sondern nur 10-30%.

6. Buy the Dip

Viele Trader kaufen grundsätzlich jeden Dip, gerade im Niedrigzins-Umfeld ist eine langfristiger Crash äußerst unwahrscheinlich. Mit den Swing-Trade- oder Mean-Reversion-Strategien gibt es sogar Strategien, die ausschließlich Rückgänge aufkaufen – und sehr gut funktionieren.

Führe Dir das einmal vor Augen: Wenn Du jetzt wegen einem Rückgang verkaufst, gibt es Menschen die genau deswegen kaufen. Häufig ohne die Aktie so gut zu kennen wie Du – einfach weil es im Mittel zu guten Renditen führt. Wenn Du einer Aktie übermäßig investiert bist, kannst Du gerne etwas verkaufen. Aber wirf nicht alles über den Haufen. Damit kommen wir zum nächsten Tipp:

7. Es ist nicht “Alles oder nichts”

Man vergisst an der Börse, dass es noch andere Dinge außer kaufen und verkaufen gibt. Nämlich “Halten”, “Nachkaufen” und – was am ehesten vergessen wird – “Teilverkauf“. Wenn Du einen ungeheuren Druck verspürst verkaufen zu wollen und ihn nicht anders abbauen kannst, dann verkaufe einen Teil der betroffenen Positionen. Denke auch hier an den CostAverage-Effekt. Wenn Du eine Position halbieren willst, dann verkaufe 15% heute, 15% in einem Monat und 15% im übernächsten Monat.

8. Halte genügend Cash

Damit meine ich nicht (nur) Cash zum Nachkaufen, sondern für Dein Leben. Du solltest 6 Monate ohne jede weiteren Einnahmen über die Runden kommen. Wenn Dich die Börse nervös macht, dann versuche an diese Reserve zu denken. Wenn diese Reserve nicht ausreicht, Dich zu beruhigen erhöhe sie auf 12 oder 24 Monate.

9. Steuerverluste generieren

Profi-Tipp: Hier der pragmatischste Tipp überhaupt: Verkaufe Aktien, die Du am Top gekauft hast und jetzt tief im Minus stehen. Da Du (hoffentlich) langfristig Gewinne mit Aktien machst, wirst Du diese ja versteuern müssen. Diese Steuern kannst Du nun um 25% senken, wenn Du die Verlustaktien verkaufst. Im Grunde zahlt Dir das Finanzamt 25% auf Deine realisierten Verluste! Einen Teil der Aktien kannst Du bei Gelegenheit später wieder nachkaufen. Mache dies aber nicht zu systematisch, sonst kann es als Steuerhinterziehung gelten (das zeigt uns aber wie mächtig dieser Ansatz ist).

Etwas Finanzamt-unkritischer ist es bei ETFs: Wenn Du einen ETF wegen der Verluste verkaufst, dann kaufe dafür einen anderen, ähnlich strukturierten ETF. Aktien kannst Du aber mit ein wenig Recherche-Aufwand ähnlich handhaben: Suche ein Unternehmen mit einem ähnlichen Geschäftsmodell, deren Aktienkurse stark korrelieren und schichte um. Spätestens wenn Du den Crash als Steuer-Spar-Modell kennengelernt hast, solltest Du wieder ausgeglichener werden 🙂 Achtung: Ich mache keine Steuerberatung. Wenn Du diesen Tipp im großen Maßstab oder systematisch umsetzen willst, solltest Du Dich mit Deinem Steuerberater abstimmen.

10. “Was wäre die rationalste Entscheidung?”

Anstatt Dich zu quälen, ob Du verkaufen oder nachkaufen sollst, stelle Dir die Frage: “Was wäre die rationalste Entscheidung?” Wahrscheinlich weißt Du es nicht auf Anhieb, aber stelle sie Dir immer wieder und fokussiere Dich darauf.

Erstelle auch eine Vor- und Nachteilsliste zu jeder betroffenen Position und/oder zum Gesamtportfolio. Je klarer diese Liste auf Kaufen oder Nachkaufen hindeutet, desto mehr solltest Du nachkaufen/verkaufen. Wenn die Liste keine klare Tendenz hat, dann halte einfach oder (ver-)kaufe minimal (für den Seelenfrieden).

11. Die verpassten Chancen

Wie lange hast Du gezögert bevor zur Börse gekommen bist? Wie viel Deines Kapitals ist wirklich investiert oder liegt nur herum? Rechne mal aus, wieviel Dich das “Nicht-Investiert-Sein” über die Jahre gekostet hat. Vermutlich deutlich mehr als der jetzige Crash/Korrektur. Wenn Du jetzt einfach wieder aussteigst, wirst Du wahrscheinlich wieder Probleme haben, einen Einstieg zu finden. Und wieder viel mehr Geld verbrennen als der Crash gekostet hat.

In einem früheren Post habe ich über meine drei verpassten großen Chancen geschrieben:
Meine verpasseten Investment-Chancen
Vielleicht heitern sie Dich ein wenig auf…

12. Cashflow is King

Wenn Du Dein Portfolio schnell wachsen lassen willst, hast Du wahrscheinlich viele Assets mit hohem Upside-Potential und hoher Volatilität im Portfolio. Wenn Dich nun die Volatitilität im Form eines Aktien-Crashs um den Schlaf bringt, dann schichte einen Teil in reine Cashflow-Objekte um: Immobilien, P2P-Kredite, REITs, Optionsstrategien, Unternehmensanleihen, Krypto-Staking/Mining/LiquidityMining etc.
Ein regelmäßiges passives Einkommen lässt Dich leichter schlafen, weil Du nicht um Deine Zukunft fürchten musst.

12 + 1: Absoluter Profi-Tipp: Rebalancing

Ok, ich habe zwar von 12 Tipps gesprochen, aber hier kommt noch einer – ich will einfach die Unglückszahl vermeiden, nachdem Du ja sowieso schon unglücklich bist 🙂

Waage: Rebalancing in Deinem Aktien / ETF Depot



Hast Du jemals von Fonds-Managern oder anderen professionellen Anlegern gehört, dass sie versuchen nahe am Top zu verkaufen und am Low wieder zu kaufen? Nein, ich auch nicht. Vielmehr machen sie ein stetiges Rebalancing, z.B. halten sie 50% Aktien, 40% Anleihen, 5% Gold, neuerdings 1% Kryptowährungen und 4% Cash. Die Fonds halten diese Aufteilung konstant, indem sie entweder regelmäßig (einmal im Quartal) rebalancen. D.h. sie verkaufen Teile der Assets, die zuletzt gewonnen haben um die Assets zu kaufen, die zuletzt verloren haben.

Dies solltest Du ähnlich handhaben. Da Du als Kleinanleger flexibler bist, kannst Du entweder öfter rebalancen oder wenn ein Asset aus den Fugen geraten ist (nach oben oder unten). Das gilt auch für einzelne Aktie: Lass Ihr wieder das Gewicht in Deinem Portfolio zukommen, dass ihr angedacht ist. Das löst zwar nicht das Problem, dass Du Verluste gemacht hast, sorgt aber dafür dass Du wieder für die Zukunft optimal aufgestellt bist. Außerdem gibt es Dir eine Handlungsmöglichkeit, die einerseits den “Druck ablässt”. Und anderseits eine sehr rationale Entscheidung ist. Hier ein einfacher Leitfaden zum Rebalancing (ich habe noch keinen eigenen Blog-Post dazu): Rebalancing

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Abschließender Gedanke

Der Markt sorgt trotz einem langfristigen Aufwärtstrend für den maximalen Schmerz bei möglichst vielen Marktteilnehmern. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Und nun bist Du an der Reihe und spürst diesen Schmerz. Aber wie so oft wird auch dieser Crash vorübergehen und den belohnen, der den Schmerz aushält. Deshalb ist bei den meisten Crashs ein Nichts-Tun die beste Option und ein leichtes Umschichten die zweit-beste.

Ich hoffe, ich erinnere mich an meine Weisheiten bei meinen nächsten Aktien-Problemen – und dass sie Dir etwas gebracht haben.

Kennst Du noch mehr Tipps? Dann hinterlasse doch gerne einen Kommentar für die nächsten Leser!

Frohes Investieren!
Sebastian

Hier findest Du mehr Artikel zum Thema “Mindset”:

https://www.mcgeld.de/category/mindset/

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